Kunst Stoff – Textil als Material für Kunst

Magdalena Abakanowicz: Abakan red 1, 1970 – 73; photo Beatrijs Sterk

Kunst Stoff – Textil als Material für Kunst, vom 16. September bis 28. Januar 2024

Diese Ausstellung, die so viele bekannte Ikonen der Textilkunst zeigt, entstand aus einer Kooperation zum Thema Skulptur zwischen zwei Kunsthäusern, der Kunsthalle Vogelmann in Heilbronn (wo die Ausstellung erstmals gezeigt wurde) und der Kunsthalle Emden. Zwei Kuratorinnen, Barbara Martin und Kristin Schrader, wollten textile Skulpturen erforschen, auch weil materialbezogene Kunst in letzter Zeit mehr Aufmerksamkeit erhält. Die beiden Kuratoren haben gründlich recherchiert, sie seien überrascht gewesen, wie wenig systematisch zu dieser Kunst erforscht worden sei, was möglicherweise an der Unterteilung in angewandte und bildende Kunst liege, schreiben sie. Sie beginnen mit Gottfried Semper, für den die Textilkunst die grundlegende Kunstform war, sie erwähnen das Bauhaus und die Fiber Art-Bewegung der 60er und 70er Jahre und sie sind sich auch der neueren Textilkunst bewusst. Sie sehen einen Auftritt textiler Kunst auf der documenta 13 (2012) und 14 (2017) (https://www.textile-forum-blog.org/2017/06/documenta-2017-in-kassel/), erwähnen aber nicht die Biennale von Venedig, wo 2017 ein großer Teil der von Christine Macel kuratierten Ausstellung textilbezogen war (https://www.textile-forum-blog.org/2017/06/biennale-arte-2017-in-venice). /). Sie waren sich auch der vielen Ausstellungen zum Thema Textilkunst bewusst (seit 2014 in Kontinentaleuropa, wie ich es sehe). Warum sieht es dann aus, als käme diese Ausstellung mindestens ein Jahrzehnt zu spät, wenn nicht länger?

Wieder einmal beschäftigen sich einige Kuratoren aus der bildenden Kunst mit Textilkunst und tun so, als ob sie etwas völlig Neues entdecken würden! Dies war auch bei der Ausstellung „Thread and Making“ im Jahr 2017 bei Turner Contemporary in Margate/UK der Fall, die nach „Forgotten Artists(vergessenen Künstler)“ suchten und dabei feststellten, dass es sich  allesamt um Frauen handelte, die mit Textilien arbeiteten!( https://www.textile-forum-blog.org/de/2017/05/entangled-threads-and-making/)Auch die Kuratoren der wirklich gut recherchierten Ausstellung „Kunst & Textil“ 2014 im Kunstmuseum Wolfsburg wollten ihre Arbeit nicht nur als Erkundung der Bedeutung von Textilien, sondern auch als „Neufassung“ der Geschichte der modernen Kunst verstanden wissen. Mir ist bewusst, dass es viel Wissen über Textilkunst gibt, wenn auch leider nicht in regulären kunsthistorischen Veröffentlichungen. Textilkunst galt üblicherweise als Kunsthandwerk, Frauensachen oder weibliche Hausarbeit. Warum sollten die Betreiberinnen dieses Handwerks also als wichtige Informationsquellen angesehen werden? (https://www.textile-forum-blog.org/2013/12/art-textiles/)

Vergleicht man die aktuelle Ausstellung in Emden mit der von Wolfsburg und Margate, wirkte sie wie ein provinzieller Versuch, mehr oder weniger das Gleiche zu tun wie die beiden oben genannten Museen.Doch was für den Textilkunstliebhaber eher enttäuschend ist, kann für die breite Öffentlichkeit dennoch gut sein. Um ikonische Textilkunstwerke wie die von Magdalena Abakanowicz, Lenore Tawney, Sonia Delaunay, Sheila Hicks usw. und andere in Kontrast mit der Arbeit jüngerer zeitgenössischer Künstler die Textilien verwenden, sehen zu können, ist wirklich schön. Besonders gut gefielen mir zum Beispiel die Jacquardwebarbeiten von Vincent Vulsma aus den Niederlanden und die Kreativität in den Werken von Anna Eisermann, einer in Deutschland lebenden ukrainischen Künstlerin.

Es gibt leider noch ein paar Anmerkungen zur Kuratierung; Die Beleuchtung war nicht auseichend, zu wenig Licht um die Werke vollständig zu sehen (z. B. war die Rückseite des schönen roten Abakan, um den man herumlaufen muss, nicht beleuchtet!), die Beschreibungen befanden sich nicht neben den Werken und ohne genaue Angabe um welches Werk es sich handelte. Auch fehlten die Angaben zur Technik. Es wäre besser wenn die Beschreibungen für ausländische Besucher auch auf Englisch zu lesen wären (bei unserem Besuch waren einige niederländische Besucher anwesend).Dennoch war es die lange Zugfahrt nach Emden wert, so viele ikonische Werken der Textilkunst zusammen mit neuen Arbeiten jüngerer Künstler zu sehen.

Beatrijs Sterk

Sofie Dawo: untitled, undated; photo Beatrijs Sterk
Sofie Dawo: Untitled, 1970; photo Beatrijs Sterk
Peter and Ritzi Jacobi:”Ileandra”, 1974; photo Beatrijs Sterk
Lenore Tawney:”Union of Water and Fire”, 1974; photo Beatrijs Sterk
Lenore Tawney:”Acanthus”, 1962; photo Beatrijs Sterk
Anni Albers:”Vitara Rug I”1959, Ausführung durch Inge Brouard Brown; photo Beatrijs Sterk
Robert Morris: “Arachnid II”, 2016; photo Beatrijs Sterk
Farzane Vaziritabar:”One of Many”,2923; Kopftücher, Aufdruck, Textilketten, Holz; photo Beatrijs Sterk
Kreisch Mukwazhi: “Women Rise up and stand Firm”, 2022; photo Beatrijs Sterk
Sonia Gomes”Pacotinho”, 2018; photo Beatrijs Sterk
Yinka Shonibare:”Un Balla in Maschera”, (Gustav III and Anckastrom), 2004; photo Beatrijs Sterk
Vincent Vulsma: “WE455 (VIII)”, 2011; photo Beatrijs Sterk
Vincent Vulsma: “WE455 (VIII)”,detail, 2011; photo Beatrijs Sterk
Phylida Barlow: Untitled Installation (left side), 2017, folly, rag; photo Beatrijs Sterk
Sheila Hicks:”Cobblestone III”, 2017; photo Beatrijs Sterk
Christiane Möbus:”Römisch”, 1993; photo Beatrijs Sterk
Sonia Delaunay:”Hommage a Tristan Tzara”, Entwurf 1956, Ausführung 1967; photo Beatrijs Sterk
View at the exhibition in Emden, to the right Marion Baruch:”La Galeriste”, 2017; photo Beatrijs Sterk
Joseph Beuys: “Filzanzug”, 1970; photo Beatrijs Sterk
Michelangelo Pistoletto: “Metamorfosi”, 1976 – 2013; photo Beatrijs Sterk
Anna EIsermann ?; photo Beatrijs S
Rosemarie Trockel:”Freude”, 1988; photo Beatrijs Sterk
View at the exhibition in Emden; in front “cobblestone ” by Sheila Hicks; photo Beatrijs Sterk