
Lodz – Textile Ereignisse Teil 2
In Łódź geschah weit mehr als nur die 18. Internationale Textiltriennale, über die ich am 30. Oktober berichtet habe.
Zunächst organisierte das Zentralmuseum für Textil mehrere Performances:
l „Weaving Intelligence“ – Eröffnung der autonomen Roboterinstallation von Agnieszka Pilat, Kuratorin: Marta Kowalewska;
2 „SHIRTSHOW“ – Performance von Agata Siniarska und Ilja Subkoff, organisiert vom Festival Łódź of Many Cultures 2025;
3 Performance by Simone Goslinga;
4 Performance by Tales Frey und Hilda de Paulo
Ich selbst war Teil der „Shirtshow“, die sehr bewegend war – das Publikum wurde integriert, zunächst als Passagiere eines Flugzeugabsturzes. Doch als wir die weißen Hemden über den Kopf ziehen mussten, verkörperten wir plötzlich den Klu-Klux-Klan! Die unfreiwillige Teilnahme hat bei mir starke Emotionen ausgelöst, von Wut bis Scham. Elin Noble , eine Künstlerin aus den USA sagte“ diese Vorstellung wäre in den USA jetzt undenkbar“, das hat mich getröstet denn es stimmt!
Begleitausstellung: „Rhizomatic Portals: Ways of Knowing“
Das Museum plante außerdem eine Begleitausstellung, kuratiert von Bukola Oyebode-Westerhuis (Niederlande), die afrikanische Kunst von Frauen präsentierte.
Im Katalog hieß es: „Es ist das erste Mal, dass das Zentralmuseum für Textilien in Łódź im Rahmen seiner 50-jährigen Triennale afrikanischen Künstlerinnen eine umfassende Plattform bietet und damit seine Absicht ausdrückt, sich intensiver mit Afrika auseinanderzusetzen.“ Der Katalogtext fügte hinzu:„Unabhängig von den Absichten kann keine einzelne Ausstellung die gesamte Bandbreite und Tiefe der künstlerischen Praxis des afrikanischen Kontinents abbilden.“ Ich verstand, dass die Kuratorin das nicht-lineare Denken und eine afrikanische weibliche Weltsicht betonen wollte.
Schade war allerdings, dass nur sieben Künstlerinnen vertreten waren – zu wenig, um einen umfassenden Eindruck zu bekommen. Dennoch hatte ich den Eindruck, dass die Kuratorin die afrikanischen Künstlerinnen nicht als weit entfernt von westlichen Künstlerinnen sieht – die Ausstellung


ließ sich durchaus als Teil der Triennale lesen.
Veranstaltungen der Kunstakademie Łódź
Weitere Ereignisse wurden von der Kunstakademie Łódź organisiert:
Ein Offenes Seminar mit Ibrahim Mahama – Der Künstler hielt einen wirklich interessanten Vortrag im Academic Center of Design in Łódź. Unter anderem sagte er, dass er sich nicht als Textilkünstler betrachte, was nachvollziehbar ist. Dennoch sind seine Arbeiten – Gebäude mit Textilien zu verhüllen – für Textilkünstler von besonderem Interesse! Ich hatte seine Werke bereits bei der Documenta 2017 in Kassel gesehen und war beeindruckt.

Dann gab es etwas Neues:
Eine Ausstellung mit Textilkunst aus polnischen Oberschulen namens „Nowe Wątki (Neue Fäden)”. Hier wurde deutlich, warum polnische Textilkunst ein so hohes Niveau hat – mir ist keine Schule in Deutschland oder den Niederlanden bekannt, die Vergleichbares zeigt. Leider war der Katalog nur auf Polnisch erhältlich.



Die wichtigste Ausstellung: „5th Young Textile Art Triennale“
Die bedeutendste Schau fndet bis 30.12.2025 in der Städtischen Kunstgalerie statt:
„The 5th Young Textile Art Triennale“ (YTAT) – eine Übersicht der Arbeiten junger Künstlerinnen und Künstler, die Textil als Medium nutzen.
Die Ausstellung ist ein Wettbewerb und eine Austauschplattform, auf der Studierende und Absolventen von Kunstakademien und Universitäten aus verschiedenen Ländern ihre Erfahrungen teilen können.
Das Thema der Ausstellung „Deconstruction / Reconstruction“ entspricht dem der 18. Internationalen Textiltriennale 2025 und bezieht sich auf die Situation junger Künstlerinnen und Künstler, die mit ihren älteren Kolleginnen und Kollegen konkurrieren – deren Arbeiten im Zentralmuseum für Textilien gezeigt werden.
Die 5. Ausgabe zeigt 51 Werke in der Städtischen Kunstgalerie Łódź – eine außergewöhnliche Präsentation mutiger Visionen in individuellen und kollektiven Arbeiten, zugleich ein spezifisches Zusammentreffen ihrer Urheberinnen und Urheber in Łódź – einer Stadt, in der Textilkunst aus Tradition „gewebt“ ist.
Der Wettbewerb hat sich schnell in diese Kulturlandschaft eingefügt und ist zu einer regelmäßigen Veranstaltung zur Förderung moderner Textilkunst geworden. Gastgeber ist das Institut für Textil, Druck und Innenarchitektur der Strzemiński-Akademie der Bildenden Künste Łódź.
Die Triennale wurde 2012 auf Initiative von Dr. hab. Lidia Choczaj, Professorin der Akademie, ins Leben gerufen, um Nachwuchskünstlern den Weg auf die internationale Bühne zu öffnen.
Dieses Jahr wird die junge Generation durch 67 talentierte Studierende und Absolventen vertreten. Für viele bedeutet die Teilnahme eine große Chance, ihren Namen bekannt zu machen und ihre Werke einem breiteren Publikum zu präsentieren.
Diese Ausgabe begleitet die Feierlichkeiten zum 80-jährigen Bestehen der Strzemiński-Akademie, die Tradition und Moderne vereint und durch die Förderung junger Künstlerinnen und Designer internationale Zusammenarbeit stärkt.









Lviv National Academy of Arts, Ukraine; photo Beatrijs Sterk



Persönliche Einschätzung
Meiner Meinung nach sah man in diese Ausstellung mehr Textilkunst als in die 18. ITT im Zentralmuseum für Textil – dort war über die Hälfte der Arbeiten eher bildende Kunst, die Textilien einsetzt!
Allerdings hatte ich den Eindruck, dass im Vergleich zur YTAT 2022 weniger monumentale Werke und mehr kleinere, musterartige Arbeiten zu sehen waren. Dennoch war es eine sehr interessante Textilkunstausstellung!
Was mich jedoch irritierte, war ein Satz im kurzen Einführungstext an der Wand der Ausstellung :„Dies ist keine Textilausstellung. Sie spricht mit Textil – mit der Sprache von Geweben, Texturen, intimen und politischen Gesten.“ Leugnen die Organisatoren auch in dieser Ausstellung die Bedeutung der Textilkunst?
Das erinnert an die Tendenz, die schon Ende der 1980er Jahre in Lausanne heftige Diskussionen auslöste: Textilkunst solle gesellschaftlich und politisch relevant sein –und nicht nur von Textil handeln.
Das Ergebnis war, dass Lausanne zu einer normalen Kunstausstellung geworden wäre – und mit Venedig als direktem Nachbarn war ein solches Ereignis überflüssig.
Geben wir, die Textilkünstler/Autoren und Kuratoren, die seit 2014 neu gewonnene Bedeutung und Anerkennung der Textilkunst auf?
Gerade jetzt, wo echte Textilkünstlerinnen wie Olga de Amaral, Sheila Hicks und andere endlich als bildende Künstlerinnen anerkannt werden – auch mit einem handwerklichen Medium!
Warum sollte es überhaupt noch eine Textilkunst-Ausbildung geben, wenn Textil so unwichtig ist? Wenn allein die künstlerische Botschaft zählt, würde eine allgemeine Kunstausbildung genügen – Künstler müssten keine Handwerks- oder Technikkenntnisse mehr haben, sondern könnten ihre Ideen einfach von Technikern/Handwerkern in jedes beliebige Material umsetzen lassen– auch in Textil



