ETN Summer Jumble

Tanja Boukal/ATtalking about her embroidery project “Hospitium- The Lampedusa Project” and showing samples; photo Textile Kultur Haslach

ETN-Summer-Jumble
Dieses Jahr war ein ETN-Treffen in Aserbaidschan geplant, doch da die Kommunikation nicht wie geplant funktionierte, schlug die Textilkünstlerin Nino Kipshidze, Initiatorin der Georgian Textile Group, ein Treffen in Tiflis, Georgien, vor. Im August 2024 besuchten Christina Leitner und Andreas Selzer Tiflis und sprachen mit allen Beteiligten: Nino Kuprava, Direktorin des Seidenmuseums, Nino Kvrisvishvilli, Dozentin für Textilien an der Kunstakademie Tiflis, und weiteren Verantwortlichen aus Museen, Kunsthandwerksgruppen und Reiseveranstaltern. Weil ich in Tiflis meine Freundin Nino Kipshidze besuchte, wurde ich Zeugin all der Bemühungen, die für ein perfektes ETN-Treffen im Jahr 2025 unternommen wurden. Dann kamen die georgischen Wahlen im Herbst 2024, und seitdem reißen die Proteste gegen die russlandfreundliche Regierung nicht ab. Das Land ist gespalten, da viele Menschen der russischen Propaganda vertrauen. Für Besucher kehrt zwar der Alltag mit Konzerten, Festivals und Ausstellungen zurück, doch die Lage bleibt unsicher, vor allem für die europaoffenen Georgier.

Deshalb wurde der erste ETN Summer Jumble stattdessen in Haslach organisiert, um ETN-Mitgliedern die Möglichkeit zu geben, sich am Wochenende vom 18. bis 20. Juli 2025 persönlich zu treffen.
Ich beschloss teilzunehmen und fuhr mit dem Zug nach Linz und dann mit dem Bus nach Rohrbach, wo ein privater Service zum Summer Jumble in Haslach organisiert wurde. Ich brauchte 10 Stunden, um in Haslach in Oberösterreich anzukommen, aber abgesehen von der langen Reisezeit war alles perfekt. Die Gruppe von etwa 60 Teilnehmern war gerade klein genug, um Kontakte zu knüpfen, wenn man mehr über einen Vortrag erfahren wollte, und groß genug, um alte Freunde wiederzusehen.

Daniel Henry/BE talking about “Dialogue between Contemporary Textile Creation and Past Heritage; Photo Textile Kultur Haslach



Das Programm war hervorragend. Viele der belgischen Designer, die wir während der ETN-Exkursion 2024 in Flandern kennengelernt hatten, waren anwesend und zeigten ihre Arbeiten, angefangen mit einem bekannten Designer, Daniel Henry, der unter anderem von seiner Arbeit für John Galliano erzählte. Er zeigte auch seine freie Arbeit „Velum Magneticus“ für das Brüsseler Rathaus, die eine spirituelle Erfahrung in der Textilkunst darstellte. Auf die Frage nach seinem „Berühmt-sein“ sagte er, dass er die Freiheit genieße, genau das zu tun, was er möchte, ohne Kompromisse. So arbeitet er im innovativen Siebdruck, für verschiedene Modehäuser und als Textilkünstler. Außerdem gibt er Vorträge und gibt Workshops.

Die zweite bekannte Textildesignerin aus Belgien war die Weberin Martine Gyselbrecht, die ich kenne und bewundere, da sie regelmäßig auf der Heimtextil in Frankfurt vertreten war. Ihre Webereien sind sehr kompliziert, wirken aber dennoch schlicht, was auf eine wahre Meisterschaft der Webtechnik hindeutet. Wie die meisten Vortragenden brachte sie einige ihrer Muster mit, die wir bewundern konnten. In ihrem Fall hatte sie in der Woche vor dem ETN-Treffen zusammen mit Esther van Schuylenbergh im Rahmen des Sommersymposiums TEXTILE KULTUR HASLACH einen Kurs gegeben. Andreas Selzer führte ein hervorragendes Interview mit ihr, sodass wir etwas mehr über ihr Leben und ihre Arbeitsweise erfuhren.
Ich werde hier nicht alle Vortragenden aufzählen, sondern nur diejenigen erwähnen, die mich besonders beeindruckt haben; wie zum Beispiel der Vortrag von Julia Moser von der Kunstuniversität Linz über bakterielle Färbung, Biodesign und nachhaltige Innovation in Textilien und Mode. Da das Färben von Textilien für die Textilindustrie immer noch ein Problem darstellt, bringt dieses Projekt mit dem Titel „Growing Patterns and Living Pigents“ Hoffnung für die Zukunft!

Unter den Vortragenden war eine Textilerfinderin aus Estland, Kadi Pajupuu, Textilkünstlerin und Professorin an der Pallas University of Applied Sciences (Tartu, Estland), die mir bei meinem Besuch in Estland im Jahr 2021 textile Sehenswürdigkeiten zeigte. Sie hat ein Webblatt mit einstellbarer Dichte erfunden und ein Buch darüber geschrieben („Muutujat – Variables, Warp and Weft Manipulations on Handlooms“ ISBN 978-9916-9236-0-3). Gemeinsam mit Marilyn Piirsalu referierte sie über ihre neue Erfindung „MultiWeave“, eine vom 3D-Druck inspirierte Textiltechnik, die die Herstellung skulpturaler, geschichteter Formen nur mit Kette und Schuss ermöglicht. Ihr Vortrag befasste sich mit der Entwicklung und dem kreativen Potenzial ihres Projekts durch universitäre Forschung und zeigte, wie Werkzeuge, Teamarbeit und Neugier die Textilpraxis für die Zukunft neu gestalten können.

Tim Parry-Williams/NO lecturing on his project “Grana”about the history of cochineal dye and its vital place in world textile culture;; Photo Textile Kultur Haslach

Tim Parry Williams, Kunstprofessor an der Universität Bergen/Norwegen, hielt einen Folgevortrag mit dem Titel „Grana“ über seine Forschung zur Geschichte des Cochenillefarbstoffs, dessen weltweiten Handel und seine wichtige Rolle in der Textilkultur. Seine Arbeit, die er bereits 2023 auf der ETN-Konferenz in Lodz vorstellte, würdigt dieses Insekt und das Leben der Arbeiter hinter diesem einst wertvollen Rohstoff und dessen tiefgreifenden Einfluss auf die globale materielle Kultur sowie die Bedeutung der Farbe Rot. Er zeigte Bilder seiner Abschlussausstellung, in der er ein sehr großes rotes Gewebe zeigte, das ich gerne in echt gesehen hätte.

Mehrere Künstler berichteten über ihre eigene Arbeit, darunter:
Maartje Boer, Dozentin am Maastricht Institute of the Arts, ließ sich von der Farbe der Federn der Elster inspirieren, die sie beim Stricken verwendete;
Esther van Schuylenbergh, eine junge Designerin aus Belgien, sprach über ihre innovativen Webarbeiten. Zusammen mit Martine Gyselbrecht leitete sie in der Woche vor Beginn des ETN-Treffens den Workshop zum Shibori-Papierweben;
Tanja Boukal aus Wien berichtete von ihrem Stickprojekt auf Lampedusa, bei dem sie diese Technik als Medium des Protests und Widerstands einsetzt. Sie ist eine der wenigen Textilkünstlerinnen, die ich kenne, die Textilkunst als politisches Instrument einsetzt, um unsere Wahrnehmung auf kraftvolle Weise zu verändern;
Katerina Nakou aus Athen nahm das übersehene Handwerk der Posamentenherstellung als Grundlage für ihre großformatigen handgewebten Kompositionen. Ihre Inspiration war das historische Archiv des Textilzentrums Haslach, wo sie 2024 Artist in Residence war;
Posamenten waren auch das Thema von Veerle Tytgat aus Belgien. Sie wurde in einer der letzten Posamentenfabriken ausgebildet (die wir während unserer Flachstour gesehen hatten) und verbindet traditionelles Handwerk mit zeitgenössischen Interpretationen.
Die sehr alte Spang-Technik in Tschechien und der Slowakei wurde von Sylva Antony Cekolová vorgestellt, die diese Technik hinsichtlich ihrer Geschichte und ihrer modernen Verwendung fördert.

Karin Altmann präsentierte „Spinning Stories – Living Archives“, ein kunstbasiertes Forschungsprojekt, das eine Brücke zwischen den Narrativen traditioneller Frauenarbeit und deren mangelnder Anerkennung schlägt. Ziel ist die Schaffung einer transkulturellen Lerngemeinschaft, die altes Handwerk mit neuen Technologien verbindet, um eine nachhaltige Zukunft in der Textilkunst zu finden.

Weitere Vorträge von Künstlern gab es über geplante Förderprojekte (darunter auch ETN) und zukünftige Veranstaltungen wie das neue internationale Textifest (Internationales Festival für zeitgenössisches Textildesign), das dem Publikum von Lala de Dios vorgestellt und vom spanischen Verband für Textildesign geplant wird. Diese Veranstaltung findet am 18. September 2025 in Igualada, 60 km von Barcelona entfernt, statt.

Sehr positiv waren die Mini-Workshops zum kollektiven Sticken mit Cecile Belmont (F), Indigofärben von Anita Bauer (AT), Brettchenweben von Selina Gasser (CH) und digitales Weben mit Elisabeth Stötzler (D). Es ist so entspannend, gemeinsam an etwas Praktischem zu arbeiten. Besonders gut hat mir das gemeinsame Sticken gefallen und Anita Bauer hat mich mit ihrem Wissen über das Indigofärben und ihrer enthusiastischen Art, auf viele Teilnehmer einzugehen, die in kurzer Zeit ein paar schöne blaue Muster haben wollten, beeindruckt.

Zu guter Letzt möchte ich den Samstagabend erwähnen, der als Picknick angekündigt war, aber ein sehr schönes Abendessen an einem langen Tisch in der Abendsonne war, zubereitet von den fantastischen Mitarbeitern des Textilzentrums, mit viel Wein. Auch hier ermöglichte die relativ geringe Teilnehmerzahl eine sehr private und angenehme Veranstaltung!
Beatrijs Sterk

Daniel Henry/BE showing his work for John Galliano, a printed and partly felted jacket; photo Kadi Pajupuu
from left:Martine Gyselbrecht/BE, Tim Parry-Williams/NO and Daniel Henry/BE looking at weaving samples by Martine; photo Textile Kultur Haslach
Martine Gyselbrecht showing her wonderful weaving samples to the participants; photo Textile Kultur Haslach
Julia MoserAT lecture “The Alchemy of Living Pigments: Bacteria and the future of Textile Dyeing”was well received, here she is showing her samples; photo Textile Kultur Haslach
Julia MoserAT(Left) lecture “The Alchemy of Living Pigments: Bacteria and the future of Textile Dyeing”was well received, here she is showing her samples; photo Textile Kultur Haslach
Kadi Pajupuu/EE talking about “Story of Invention – Multiweave” Photo Textile Kultur Haslach
Esther van Schuylenbergh/BE(Left) with her weavings, her talk was “Weaving Between Craft and Industry” photo Kadi Pajupuu
Coffee break in the morning sun on Saturday morning, many participants used the free time for connecting with the lecturers or for a bit of relaxing time; photo Textile Kultur Haslach
Tanja Boukal/AT (left) explaining her embroidery project “Hospitium- The Lampedusa Project” and showing samples; photo Textile Kultur Haslach
Katerina Nakou/GR:”Reimagining Traditional Passementerie as a Contemporary Art Form”; photo Textile Kultur
Veerle Tytgat/BE talking about her passementerie samples with Kadi Pajupuu/EE and Marilyn Piirsalu/EE ; photo Textile Kultur Haslach
Sylva Antony Cekaloá: “The History of the Sprang technique in the Czech Republic and Slovakia; photo Textile Kultur Haslach
Karin Altmann/AT talking about “Spinning Stories -Living Archives: Continuity and Innovation of a Vanishing Textile Heritage; photo Textile Kultur Haslach
Karin Altmann/AT with samples about “Spinning Stories -Living Archives: Continuity and Innovation of a Vanishing Textile Heritage; photo Textile Kultur
Lala de Dios/ES with her lecture on “Textilfest”, a new initiative by the Association for Textile creation ACT; photo Beatrijs Sterk
Veronika Moos/DE lecturing on “Resources along the way – plain air – work in situ. Dialogue with plants and natural elements in space ; photo Textile Kultur Haslach
Veronika Moos/DE discussing her work in situ, Dialogue with plants and natural elements in space ; photo Textile Kultur Haslach
Cecile Belmont/FR/AT lectzred about her Collective Textile Projects, in Haslach she gave a mini embroidery workshop; photo Textile Kultur Haslach
Indigo workshop with Anita Bauer/AT, participants dipping their samples in the indigo vat; photo Textile Kultur Haslach
Selina Gasser/CH talked about Mobile Textile Techniques Reinterpreted, she also gave a mini workshop tablet weaving; photo Textile Kultur Haslach
Frederica Valli/IT lecturing about “Weaving Networks, Lottozero Between Art, Design, and Industry”; photo Textile Kultur Haslach
Magdalena Orland/DE table talk, her lecture had been aboutContemporary Experiments and Traditional Craft- Textile Design in times go the ongoing digitization ; photo Textile Kultur Haslach
Saturday evening picnic in the last sun, prepared by the staff of Textile Kultur Haslach; photo Textile Kultur Haslach
Saturday evening picnic in the garden behind the church, well prepared by the Haslach team, with wine and other drinks, the perfect unwinding after a long day!; photo Tim Parry-Williams